Historische Stadtrundgänge durch

Neusalza-Spremberg

09 - Obermarkt 16 Ratskellergebäude

Der in Schulden geratene Bürger und Handelsmann Johann Christoph Möller verkaufte am 12. September 1718 seinen „zwischen Johann George Hohlfeldens, Stadtrichter, und Christian Dörings Häusern innen gelegenen, verpfändeten Gasthof und Bürgerhaus mit Hof, Scheune und Ställen und 6 Ellen von dem hinten ausgehenden Garten zur Einfahrt an den Rat und sämtliche Bürgerschaft“ für die Summe von 350 Talern.

Die „Hochgräflich gnädige Herrschaft“ gewährte, dass das erworbene Haus zukünftig zu einem Rathaus genutzt und gebaut werden soll.
Am 26. und 27. September 1718 wurden 107 Stämme aus dem hiesigen herrschaftlichen Busche als Bauholz für das neue Rathaus erkauft.

Der Grundstein zum neuen Rat- und Gewandhaus wurde am 22. Mai 1719 gelegt. Maurermeister Caspar Tammer aus Schirgiswalde und Zimmermeister Hans Knote aus Berthelsdorf führten den Bau für 2.000 Taler aus. Der Rathausturm wurde am 20. September 1719 aufgesetzt. 1723 ist für den Rathausturm eine Schlaguhr nebst metallener Schelle angeschafft und aufgehenkt worden. Sie war eine Stiftung des Gerichtsverwalters Hohlfeld. 

Der Rat verpachtete das neu aufgebaute Rathaus zusammen mit dem freien Wein-, Bier-, Branntwein- und Salzschank gemäß der hiesigen Statuten und des „Privilegien-Recesses“ sowie der bürgerlichen Freiheiten und Gerechtigkeiten im Handel, Wandel, Schlachten, Backen und öffentliche Gastung zu halten am 7. Juli 1719 an den Neusalzaer Bürger Christian Hennig und seine Ehefrau Anna Sophia. Die Pachtzeit sollte drei Jahre betragen, von Lichtmess 1720 bis 1723. Das jährliche Pachtgeld war mit 40 Talern angesetzt, eine Kaution von 150 Talern war fällig.
Ob Hennig seine Pachtzeit angetreten hat, ist nicht belegt. Er war „in ziemlichen Abfall seines Vermögens geraten“ und konnte auch „.. seine, von der Andres Schmiedischen Wittwe und Kindern erkaufte Nahrung schuldig gebliebenen Kaufgelder“ nicht bezahlen [siehe Haus Nr. 3]

Am 22. Mai 1720 wurde ein 13 Punkte umfassendes Inventarium für den Pachter George Schmied erstellt. Darin finden sich viele Details der Ausstattung des Rathauses. So befand sich im Obergeschoss der Tuchmacherboden, der zehn Fenster mit je einem Fensterladen hatte.

1775 wurde das „Halseisen“ am Eckpfeiler zum Marktplatz eingemauert, das bisher am Pranger an der Rohrbütte auf dem Markt befestigt war.

Rathaus Neusalza 1864

1831/32 erfolgte ein größerer Umbau. Durch Verlängerung des Hauses sollte mehr Platz zur Unterbringung von Reisenden und die Vergrößerung der Pferdeställe in Erwartung verstärkten Reiseaufkommens geschaffen werden. 

Mit erneuten Bauarbeiten wurde der Gasthof zum Sitz des neu aufgerichteten Königlichen Gerichts umgestaltet und von 1840 bis 1852 auf 12 Jahre an den Staat verpachtet.

Mit Eintragung vom 11. September 1863 verkaufte der Stadtrat das Ratskellergebäude für 4.000 Taler an Peter Fliegel. Jedoch bat sich der Stadtrat die jederzeitige Nutzung einer Bodenkammer und des Sessionszimmers aus. Türmchen und Turmuhr verblieben ebenfalls im Eigentum der Stadt.
Ratskeller und Saal wechselten in den kommenden Jahren in rascher Folge die Besitzer und Pächter.

Ratskeller

Am 17. Juni 1928 vernichtet ein Großfeuer Gasthof und Hotel "Zum Ratskeller" samt Saalgebäude und Nachbarhaus.

Brand des Ratskellers 1928

Gasthof und Saal wurden wieder aufgebaut. Beim Wiederaufbau wurde der Bau verkürzt, um die Straße zu verbreitern. Noch bis zur Neupflasterung der Straßen im Jahr 1995 war die ursprüngliche Gassenbreite durch die unterschiedliche Pflasterung erkennbar.

Obermarkt mit Ratskeller

Nach 1945 bis 1991 wurde der Ratskeller anfänglich als Wohnheim für Arbeiterinnen der Baumwollweberei und Spinnerei genutzt.
Die Ratskeller-Gaststätte war bis 1992 verpachtet. Zuletzt wurde sie durch den Konsum betrieben. Für die Ratskellerpächter befand sich eine Wohnung im Dachgeschoss.
Ab Anfang der 1960er Jahre wurden einige Räume durch Vereine und Zirkel als „Kulturhaus“ genutzt. Im Kulturhaus-Saal fanden viele Veranstaltungen des städtischen und schulischen Lebens statt: Faschingsveranstaltungen, Tanzstunden und deren Bälle, Jugendweihefeiern, Schulabschlußbälle usw.

Im Juli 1992 schloss die Gaststätte.
2000 erfolgt die Privatisierung des gesamten Grundstückes. Das Haus wurde umfassend saniert und in den ehemaligen Saal wurden Wohnungen eingebaut. Gaststätte und Bowlingbahn werden seitdem wieder verpachtet.