04 - Bautzener Straße 3
Das Gebäude stammt aus der Gründungszeit der Stadt. Auf dem Areal Mündung Bautzener Straße – Rosenstraße – Eingang zum Obermarkt lag das damalige Herrschaftliche Nieder-Spremberger Rittergut.
Vor der Stadtgründung wird der damalige Weg von Bautzen nach dem Niederen Rittergut mit der heutigen Straßenführung der Bautzener Straße annähernd identisch gewesen sein.
Die Bautzener Gasse war neben der Zittauer Gasse der Hauptzugang zum Obermarkt, auf dem das städtische Leben stattfand. Der Knick der Straße um das hier beschriebene Haus war der Grund, weshalb es den Namen „Scharfe Ecke“ erhielt.
Früheste belegbare Nachricht über das Haus ist die Nennung seines Eigentümers in einer Bürger-Auflistung vom 20. Dezember 1707: „Wenzel Spazier, 38 Jahre, Branntweinbrenner, in Böhmen geboren zu Irmberg, verehelicht“.
Der erste nachweisbare Kauf erfolgte am 24. Mai 1708. Wenzel Spazier verkaufte das Bürgerhaus, „zwischen Hans Summes und Zacharias Flügels Häusern innen gelegen“ mit hinten ausgehendem Garten „und nachfolgendem Beilaß, als dem küpfernen Ofenkessel, vier große Fässer zum Branntweinbrennen zu gebrauchen, 1 Schrotkasten, 1 Tisch,
1 Wassertrog, eine Heringstonne, zwei kurze Dachleitern und einen Feuerhaken“ an Jacob Frey für 45 Taler. Jacob Frey war „böhmischer Nation“ und „hantiert(e) mit Beuteltuch“. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 2 Fol. 151 ff.]
Auf den 15. Juli 1717 ist der nachfolgende Kaufvertrag datiert. Frey verkaufte das Haus mit dem Zubehör, so es noch vorhanden war, für 30 Taler an den Schuhmachermeister Michael Denck. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 2 Fol. 284 f.]
Dessen Erben verkauften am 30. Dezember 1720 das Haus an den Neusalzaer Bürger und Weißbäcker Hans Christoph Grohmann für 25 Taler. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 2 Fol. 331 ff.]
Grohmann scheint die Bäckerei bis zu seinem Tod im Oktober 1755 betrieben zu haben. Seine Witwe verkaufte das Haus mit Zubehör am 12. Oktober 1759 für 27 Taler „bares Geld“ an Johann Christian Ahme, Neusalzaer Bürger und Schuhmacher. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 3 Fol. 423 f.]
Am 26. Mai 1788 kaufte Anna Rosina Ahme, eine geborene Bielichin, für 25 Taler das Haus mit Zubehör von ihrem Ehemann. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 4 Fol. 348 ff.]
Bereits am 21. August 1788 verkaufte Anna Rosina Ahme ihr am Markt gelegenes Bürgerhaus mit Garten an ihren Schwiegersohn, den Neusalzaer Bürger und Zimmermann Friedrich August Weyrauch für 25 Taler. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 4 Fol. 354 ff.]
Die im Türstock eingemeißelte 1789 lässt auf einen größeren Umbau des Hauses schließen.
Weyrauch scheint eine Branntweinbrennerei betrieben zu haben. Im Vertrag vom 17. Juni 1828 verkaufte er Wohnhaus und Branntweinbrennerei für 2.450 Taler an den Neugersdorfer Handelsmann Ernst Ludwig Schmidt. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 5 Fol. 574b ff.]
Am 19. Mai 1829 kamen Wohnhaus und Branntweinbrennerei in neue Hände. Ernst Ludwig Schmidt verkaufte alles an Christian Friedrich Hohlfeld, Erbmüller in Neugersdorf für 1.750 Taler. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 5 Fol. 583 ff.]
Hohlfeld verkaufte das Bürgerhaus „samt den übrigen dazugehörigen Gebäuden und Hoferaum, nebst allen Branntweinbrennereigerätschaften“ am 15. Juli 1836 an seinen Schwiegersohn, den Neusalzaer Bürger und Bäcker Carl Gottlieb Berndt für 1.000 Taler. [Gerichtsbuch Neusalza Nr. 6 Fol. 127 ff.]
Im Gebäudeschätzungsverzeichnis von 1841 wurde das Haus beschrieben:
Am Markte, Nr. 34, Carl Gottlieb Berndt.
Wohnhaus.
Parterre: 2 Stuben, 1 Verkaufslocal, 1 Gewölbe, 2 Keller.
Etage: 1 Stube, 4 Kammern, Bodenraum.
Hintergebäude.
2 Ställe, 1 Saal, Bodenraum.
Seitengebäude.
Raum, 1 Kammer, 1 Boden mit 1 Kammer.
Bekannt ist, dass im Haus eine Gastwirtschaft betrieben wurde mit Tanzsaal im oberen Stock des angebauten Hinterhauses über dem Laubengang.
Im Brandkatastereintrag vom 1. Januar 1864 wurde das Grundstück beschrieben:
Karl Gottlieb Berndt, Bäcker und Hausbesitzer (Landwirtschaft):
a) das Wohngebäude mit 2 Kellern angebautem gewölbtem Zuchtviehstall mit Futterboden und Bäckereiofen. Dachbedeckung weich.
b) das Holzschuppengebäude. Dachbedeckung weich.
Bis 1953 verblieb das Haus mit der Bäckerei im Eigentum der Familie Berndt, die die Gastwirtschaft bis ca. 1950 unterhielt. Ab 1953 übernahm die Familie Großpietsch die Bäckerei und betrieb diese bis Mitte der 1980er Jahre.