11 - Niedermarkt 5
Die Bebauung der Nordseite des Niedermarktes oder wie er früher genannt wurde Topf- bzw. Viehmarkt, erfolgte in der Gründungszeit der Stadt.
Der erste noch belegbare Kaufvertrag eines Hauses auf benanntem Grundstück wurde am 13. September 1718 ausgestellt.
George Neumanns Erben verkauften ihr Bürgerhaus zwischen Mstr. Christoph Rösners und Hanns George Werners Bürgerhäusern innen gelegen und zugehörige Grundstücke für 55 Taler an Christian Hohlfeld, Rats- und Handelsmann in Neusalza. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 2 Fol. 302 ff.]
George Neumann, ein Leinweber, hatte 1703 das Bürgerrecht erhalten. Im Bürgerverzeichnis von 1707 wurde Neumann aufgeführt: 35 Jahre alt, Accis-Einnehmer, geboren in Eibau, verehelicht. Zu seinem Haus gehörten drei Scheffel Acker.
Bereits am 12. Dezember 1718 verkaufte Christian Hohlfeld das Bürgerhaus für 40 Taler weiter. Jedoch behielt er Ackerstücken zurück. Neuer Eigentümer war Christoph Müller, ein hiesiger Bürger und Leinweber. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 2 Fol. 305 f
Christoph Müller verstarb 1729. Seine Witwe zog nach Bautzen und das Haus verfiel. Die Gemeindeältesten kümmerten sich so gut es ging um die „wüste Baustelle“, mussten doch Steuern und Abgaben weiter abgeführt werden. Um diese zu decken wurde die „Gräserei“ im Garten an abnehmwillige Bürger verkauft. Auch der Webstuhl fand nach gerichtlicher Taxierung für 2 Taler und 12 Groschen einen Abnehmer. Als einmalige Einnahme wurden für die Einquartierung von Soldaten des Prinz Albrecht Regiments bei deren Durchmarsch am 15. April 1747 3 Groschen verbucht. Diverse Kosten kamen durch die Fürsorge ums Haus hinzu: ab 1742 wurde „Postierungsaufwand“ bei Tag und Nacht und „Bettelwache“ abgerechnet. Auch der Schornsteinfeger musste weiterhin bezahlt werden. Am 13. Juni 1743 wurde der Zugang zum Haus vernagelt, diese Arbeit wurde ebenfalls abgerechnet. Im August 1748 wurde auf der Zittauer Gasse gepflastert, der Anteil zum Zechtag betrug 3 Groschen und 6 Pfennige. [StFilA Bautzen, 50306, Stadt Neusalza, 8, Fol. 9 ff.]
Sämtliche Bemühungen um das Haus konnten aber den weiteren Verfall nicht aufhalten.
Johann George Donath, Bürger und Schuhmacher in Neusalza hatte am
22. Januar 1753 die Christoph Müllerische Baustelle erblich angenommen. Am 30. Juli 1756 verschrieb er seine Baustelle, zwischen Mstr. Christoph Gottlob Rößners Bürgerhause und der wüsten Hans George Wernerischen Baustelle innen gelegen nebst hinten ausgehenden kleinen Grasegärtchen, an Christian Gottlob Werner, Bürger und Land-Accis-Einnehmer. Die Verschreibung an Werner erfolgte unter der Bedingung, dass dieser ein neues Haus auf seine eigenen Kosten darauf baute. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 4, Fol. 112 ff.]
Das neuerbaute Doppelstuben-Umgebindehaus ist heute das einzige im ursprünglichen Aussehen erhaltene Beispiel von Holzbauweise am Niedermarkt und somit baugeschichtlich und platzbildprägend von Bedeutung. Ungewöhnlich ist sein einseitig breites Umgebindejoch und der hölzerne Türstock.
Das von Grund neuerbaute Haus verkaufte Werner am 07. November 1768 an Johann Gottlieb Hünlich, Neusalzaer Bürger und Handelsmann für 300 Taler. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 4, Fol. 114 ff.]
Bis zum Jahr 2014 verblieb das Grundstück nun im Eigentum der Familie Hünlich.
Johann Gottlob Hünlich verkaufte sein zwischen den Rößnerischen Erben und Carl Christian Friedrich Werners Bürgerhäusern innen gelegenes Haus am 17. Mai 1799 an seinen einzigen Sohn zweiter Ehe Gottlieb Ephraim für 100 Taler. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 5, Fol. 169 ff.]
Am 21. April 1800 erwarb Johann Gottlieb Ephraim Hünlich von den Erben seines Nachbarn Johann Gotthard Rößner ein Stück Garten für 150 Taler. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 5, Fol. 188 f.]
Eintrag im Gebäudeabschätzungsverzeichnis von 1841:
Am Topfmarkte. Nr. 77. Ephraim Hünlich Erben.
- Wohnhaus:
- Parterre: 1 Stube, 1 Kammer, 1 Stall, 1 Keller.
- Etage: 1 Stube, 3 Kammern, 1 Gang, Bodenraum.
- 1 Scheune. Schuppen
Nach dem Ableben Gottlieb Ephraim Hünlichs im September 1841 kaufte am 21. August 1843 Traugott Leberecht Hünlich, Bürger und Leinwandfabrikant von seinen Miterben das väterliche Wohnhaus mit Garten für 1.000 Taler. [Quelle: Gerichtsbuch Neusalza Nr. 9, Fol. 77 ff.]
Eintrag im Brandversicherungskataster vom 1. Januar 1864:
Nr. 38. Traugott Leberecht Hünlich. Hausbesitzer (Landwirtschaft)
- a) das Wohngebäude mit Keller, angebauter Wohnungsvergrößerung und angebautem Privet. Dachbedeckung hart/weich.
- b) das Scheunengebäude mit angebautem Schuppen. Dachbedeckung weich.
Durch Vertrag vom 7. November 1868 mit den Grundstücksbesitzern Leberecht Hünlich, Wilhelm Pobig und Johann Strietzel, wurde von der Stadt eine Bleirohrleitung von der Spree nach der Rosengasse herauf angelegt, durch welche bei Feuergefahr und Wassermangel mittelst eines Wasserzubringers Wasser nach der Stadt heraufgepumpt werden konnte.
1870 legte der Leinwandfaktor und Garnhändler Leberecht Hünlich unterhalb seines Grundstückes, entlang der Spree führend einen für alle benutzbaren „Promenadenweg“ an.
Nach der Verlagerung des Firmensitzes in das Haus Obermarkt 5 [siehe Haus Nr. 9] diente das Haus auf dem Niedermarkt der Familie zu Wohnzwecken.
Eine grundlegende Gebäudesanierung und Umbau zum Ferienapartmenthaus erfuhr das mittlerweile baufällige Haus von 2018 bis 2020 nach dem Erwerb durch Ulrike und Ulrich Neumann.
Informationen auf https://marktquartier5.de